Constantin Seibt hat für die Tageszeitung “Der Bund” einen grossartigen Artikel mit dem Namen “Mehr Punk, weniger Hölle!” verfasst, der zwar sehr lang, aber äusserst lesenswert ist! Dieser Artikel zeigt auf, wie vier Jahre lang die Anarchisten um Jón Gnarr die Hauptstadt Reykjavik regierten und was diese Amateure vollbracht haben. Erstaunliches!
Ein anarchistisches Märchen? Man bedenke, Island hat ca. 323’000 Einwohner und mehr als ein Drittel davon wohnen in Reykjavík. Mit nichten, dieser Artikel sollte zur Pflichtlektüre für alle Politiker und alle Wähler (!) werden, denn dieser zeigt was möglich ist, wenn alle Ideologien und die Angst um die Wiederwahlchancen beiseite gelassen werden. Wenn Politiker einfach Arbeiten und Probleme lösen, losgelöst von der einfachen Links-Rechts, Staat-Privat Welt.
“Was sie vermissten (die Bürger), war Aufrichtigkeit. Man hat zwei Sprachen. Eine vor, eine hinter der Kulisse”. Diese zwei Sätze aus dem Artikel umreissen das ganze Gefüge in der Politik. Heute ist praktisch alles nur noch Strategie, fast alles ist auf “Gegnerschaft” ausgerichtet. Man sagt “Hü” und meint “Hott”. Anstelle zu vereinfachen, verkompliziert sich die Politik immer mehr. Meist lebt Politik in und für sich selbst, selten zum wirklichen Wohl des Bürgers, kaum für die Benachteiligten der Gesellschaft. Man meint gute Wirtschaft sei das Einzige was Mensch will. Dass der Mensch aber eigentlich anders konzipiert ist und sein Innerstes oft lauthals losschreien möchte, angesichts des vorherrschenden Wirschaftssystems scheint Politiker nicht zu beeindrucken. Neid und Missgunst gepaart mit Gier und Profit scheint eher die Devise zu sein!
Der beste Satz kommt am Schluss des Artikels: “Die konservative Partei, die Jahrzehnte die Stadt regierte, ist chancenlos.” So sollte es auch im restlichen Europa sein – auch wenn man sich die aktuellen Resultate zu den Europawahlen ansieht! Denn offensichtlich lechzt das Volk nach einem Umschwung in der Politik – und wählt mangels Alternativen doch wieder nur Gaukler und Narren!